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Coming Out: wenn Liebe nicht mehr privat ist …

 Sex und liebe bleiben privat - oder doch nicht?

Sex und liebe bleiben privat – oder doch nicht?

Die Diskussion ist angepfiffen: Heteros fühlen sich diskriminiert, weil von und für einen homosexuellen Fußballer eine PR-Kampagne initiiert wurde, die man gemeinhin als „Coming Out“ bezeichnet . So las ich es in der FAZ (1) , und so geschrieben, ist es Blödsinn. Heterosexuelle Menschen sollten sich nicht diskriminiert fühlen, sondern sich nicht länger als „Heterosexuelle“ bezeichnen. „Heterosexuelle“ existieren nur aus der Sichtweise jener, die mit der Etikettenvergabe relativ freizügig umgehen: Sage mir, was deine sexuelle Präferenz ist, und ich sage dir, was du bist. Das ist lächerlich und menschenfeindlich.

Beispiel Religion: Mut bedeutet, sich kein Etikett aufzupeppen

Es erinnert mich ein wenig an die Religion: Solange du einer der drei abrahaminischen (2) Religionen angehörst, gehört du zum Kreis der Verehrer Gottes – und meinetwegen darfst du auch noch Buddhist sein – aber wehe, du bist Agnostiker. Dann bis du schlicht und einfach inakzeptabel. Atheist und Atheist zugleich? Schande über diese Menschen!

Heterosexuell? Homosexuell? Einteilung von Psychiater Gnaden?

Ähnlich geht es bei der Sexualität zu. Du bist nur solange gut, wie du die das Etikett dieses lateingriechischen Zwitters von Psychiater- und Psychologengnaden aufleben lässt: hetero- oder homosexuell. (3) Über die Liebe wird dabei schon nicht mehr gesprochen. „Zack – abgestempelt“ heißt das Motto.

Homophob – vom erläuternden Begriff zum Schimpfwort

Die nächste Herumschlamperei mit Etiketten stammt vom US-amerikanischen Psychotherapeuten George Weinberg – und er fand in Kollegen und Journalisten ein begeistertes Publikum sowie vielfältig agierende Dummschwätzer, die das Wort weiterverbreiteten. Denn ähnlich wie „homosexuell“ ist es ein Wort, dass als sinnfreies Etikett verwendet wird – diesmal für die Gegner der Homosexuellen. Dabei ist steht dieser George Weinberg auf einer Stufe mit Honkytonk in „Alice im Wunderland“, der behauptete, ein Wort alles heißen lassen zu können, was er wolle. Klipp und klar: Homophob ist das Gegenteil von homophil, und das bedeutet: Dem gleichen Geschlecht zugeneigt zu sein oder das gleiche Geschlecht zu lieben. Also ist Homophobie die Angst davor, sich dem gleichen Geschlecht erotisch zu nähern – und weiter gar nichts. Lediglich die rotzfrech angeeignete Definitionsmacht der Wissenschaften ist dafür verantwortlich, überhaupt von „homophob“ als Schimpfwort zu sprechen. Zwar haben dies einzelne Wissenschaftler erkannt, aber sie wurden kaum gehört. „Homophob“ kling ja so entsetzlich gebildet unter Ungebildeten – das kann man schon mal mit der Sprache herumschlampern.

Outen nützt heute vor allem der Zeitunsgauflage – der Aufklärungseffekt ist gering

Die Frage ist natürlich, ob ein Etikett dazu führen sollte, sich zu „outen“. Nachdem angeblich immer alle begeistert über das „Outing“ sind (vor allem aber die Klatschpresse) mahnen bereits namhafte als „bisexuell“ etikettierte Personen, sich niemals irgendwelche Etiketten aufkleben zu lassen. (4) Sie sagen, dass sie „als Person mehr als ein Etikett“ sein wollen.

Wie immer werden Mahner kaum gehört. Sie kommen auch in der deutschen Presse kaum vor(5). Wer zu Umsicht mahnt, wird leicht aufs Abstellgleis geschoben. Doch die Frage ist: Sollte unsere privateste Sphäre (6), zu der auch die Sexualität gehört, eigentlich überall herumgereicht werden?

Privatheit aufgeben? Äußerst zweifelhaft!

Die Meinungen darüber sind geteilt – und dies durchaus zu Recht. Denn jede Form der Sexualität (und eben nicht ausschließlich Homosexualität) kann von böswilligen Menschen dazu genutzt werden, denjenigen, der darüber öffentlich spricht, zu diffamieren. Selbst Autorinnen und Autoren, die über Sexualität schreiben, werden verdächtigt, verkappte perverse Drecksäue zu sein – jedenfalls aber Personen, die nicht in das öffentlich-rechtliche Fernsehen gehören.

Messen mit zweierlei Maß: Sexuelle Veranlagung, sexuelle Dienste

Ja, und dann war da noch etwas: Überall wird mit zweierlei Maß gemessen. Heterosexualität ist weitgehend OK, Homosexualität auch, aber fließende sexuelle Identitäten werden nach wie von beargwöhnt. Die sexuelle Befriedigung Behinderter durch „Berührerinnen“ kann von den Gutmenschen kaum als „Unzucht“ angeprangert werden, weil sie sich damit gegen Behinderte wenden würden, aber sogenannte „Freier“ können selbstverständlich öffentlich diffamiert und kriminalisiert werden. Ganzähnlich ist es mit der zwiespältigen Art, in der mit Prostitution umgegangen wird: Aus dem „Heer der Zwangsprostituierte“, das weder verziert noch falsifiziert werden kann, wurde über Nacht die „Armutsprostitution“, die auch unter dieser Flagge nicht nicht gut aufgehoben ist. Wer bei sexuellen Aktivitäten, ob geschenkt oder bezahlt, tiefer einsteigen würde, könnte hier noch manche Diskrepanz entdecken, auf die ich hier gerne verzichten will.

Aufklärung ist besser als Outing

Im Grunde hilft doch tatsächlich nur ein Mittel gegen Diffamierung: Für Aufklärung und Toleranz zu werben, das eigene Sexualleben aber für sich zu behalten. Es geht niemanden etwas an, auch wenn es der Auflagenhöhe mancher Zeitung nützt.

Und bitte: Sie sind willkommen, hier zu kommentieren. Aber bitte formulieren Sie abweichende Meinungen höflich,damit wir sie veröffentlichen können.

(1) Heterosexuell zu weit gegriffen: FAZ.
(2) Religionen, die sich auf den Stammvater Abraham zurückführen lassen.
(3) der Begriff „Homosexualität“ ist relativ jung und stammt nicht aus dem Volk, sondern aus der Wissenschaft des endenden 19. beginnenden 20. Jahrhunderts.
(4) Interview in „Essence (englisch)“.
(5) Vehementer Kritik an der FAZ-Kolumne im SPIEGEL.
(6) Zur Frage der Privatheit von Outing in Salto.
(7) zu Fragen der Freizügigkeit bei Homosexualität und bei Huren (englisch).

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