Zum Weihnachtsabend
Ich kenne keine „Heiligen Abend“ – nur einen Weihnachtsabend, denn mein Weihnachten war bestimmt von den bürgerlichen Bräuchen und nie von den Christlichen – in Norddeutschland ist das gar nicht so unüblich.
Aber das höre ich doch noch, obwohl ich es gar nicht in meinem Elternhaus oder sonst wo in meiner Heimatstadt gehört habe, sondern in Schleswig-Holstein: „Wihnachten Oben, da geiht wi no boben“ und später „da piepen de Müs in Großvadder sin Hüs“ heißt es bei einem niederdeutschen Dichter – „Am Weihnachtsabend, da gehen wir nach oben“ also „dann Pfeifen die Mäuse in Großvaters Haus“.
Je älter ich werde, umso mehr höre ich die Mäuse wieder pfeifen, erinnere mich and Schnee und Kälte, wenn wir zum Großvater gingen („hatte der Junge den wenigsten seine Mütze auf?“), an den billigen Rheinwein, von dem man mal nippen dufte und der Festtafel, die von der Großmutter wacker, aber letztlich lieblos bestritten wurde. An den Großvater natürlich, auf dem die Großmutter den Daumen hatte, der aber mir der zweit liebste Mensch auf dieser Erde war, an den Duft des merkwürdigen Klos und der schönen Kerzen. Weihnachten wurde in der „guten Stube“ gefeiert, aber man hatte sowieso nur eine „Stube“ und ein „Kleines Zimmer“ – da stand das Vertiko drin – und die Kinder wurden dort abgestellt, wenn die Erwachsenen die Geschenke verpackten.
Der Weihnachtsbaum war stets groß und mächtig, meine Cousine zickig, und wir beide mussten dann ein Weihnachtsgedicht unter dem Tannenbaum aufsagen („Hast du denn auch dein Weihnachtsgedicht gut gelernt?).
Ja – manchmal denke ich daran. Dann piepen de Müs wedder in Großvadder sin Hüs.
Ein frohes Weihnachtsfest Ihnen allen und den Menschen Frieden, Gesundheit und Wohlstand.