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Die Muschidebatte – wie die Frau zur Vagina wird

Herrenabend – das passt das Thema besser hin als zur Emanzipation

Man denke – ein Mann würde über Männlichkeit, Lust, Liebe, Beziehungen und was dergleichen mehr ist schreiben – und das Buch dann „Der Penis: Eine Biografie“ nennen.

Ich habe hier schon oft geschrieben: Frauen werden in den letzten Jahren in allen Lebensäußerungen veredelt. Doch je mehr dieser Unfug um sich greift, umso mehr machen sich Frauen zum weiblichen Kasper. Jüngster Star in dieser Kasperbude ist jetzt Naomi Wolf. Die schrieb „Die Vagina – eine neue Biografie“, auf Deutsch zu „Vagina – eine Geschichte der Weiblichkeit“ umgewidmet.

Wie war das? Muschi ist gut, Frauen sind gut, alles ist gut. Das Organ zwischen den Beinen schreibt Geschichte, so ganz von selbst.

Wer würde eigentlich über diesen lapidaren Satz spotten wollen? Es gibt also eine Verbindung zwischen sexuellen Erfahrungen (…) und Emotionen und Wahrnehmungen?

Gegen die Unvernunft – Sex ist keine Sanitärinstallation

Dazu äußerte sich nun Regula Stämpfli in der Basler Zeitung (man bewundere den Mut der Redaktion):

Wolf beschreibt sexuelles Verlangen so, als würde es sich dabei um eine neurologische und hormonell gesteuerte Sanitärinstallation handeln. Wolf liebt Bilanzen: hier das Soll, da das Haben der unterschiedlichen -Synapsen, und fertig ist der Sex! Kleinbürgerliche sexuelle Buchhaltermentalitäten (siehe das unsägliche Werk von E. L. James (1)) liegen offenbar im Trend.

Recht hat sie, die Regula Stämpfli. Eine Frau auf ihre Muschi zu reduzieren, wäre bestenfalls etwas für Herrenabende nach dem zwölften Bier, und dort passiert es dann ja auch tatsächlich. Wie allerdings die „Süddeutsche Zeitung“ auf ihre bei Amazon und fast überall sonst nachgeruckte verwaschene Lobhudelkritik kommt, bleibt andererseits etwas unverständlich.

Ich bin froh, dass es eine Frau geschrieben hat, das Einzige, was all dem Unsinn dieser „Mösendebatte“ (Basler Zeitung) entgegenzusetzen wäre:

Wer von Lust schreiben will, sollte nicht die Vagina unter dem Mikroskop, sondern das sexuelle Organ zwischen den Ohren mal zum Zug kommen lassen.

Nicht Natur, nicht Kultur – Gesamtzusammenhänge, bitte schön

Die Vagina – sie taugt nicht für eine Kulturbetrachtung, so wenig wie der Penis. Keine Frau dieser Erde hat durch sie geherrscht. Das Instrument der Beeinflussung dieser Welt lag niemals zwischen den Beinen, sondern anderwärts, dort, wo es auch Regula Stämpfli vermutet. Dieses seltsame Organ, Gehirn genannt, ist der Organisator aller übrigen Funktionen, die bewusst oder unbewusst ablaufen – dazu müsste man nicht einmal auf die Kultur zugreifen. Ein besseres Verständnis der Gesamtzusammenhänge einer Beeinflussung oder Verführung würde absolut ausreichen. Freilich wäre dann nötig, über den Tellerrand hinauszudenken.

Wie Menschen brauchen weder die Biologie allein, um unsere Liebesphänomene zu begreifen, wie Frau Stämpfli richtig schreibt, noch können wir sie allerdings mit der Philosophie lösen. Denn die Biologie ist der Ausgangspunkt, von dem aus sich über das Hirn die Empfindungen in die Gesellschaft hinein fortpflanzen – und von dort wieder zurück in die Hirne gehen. Das ist ein weiter Weg mit vielen merkwürdigen Daten- und Informationssträngen, die der Philosophie entgehen. Manchmal bin ich froh, mir kybernetisches Denken zu eigen gemacht zu haben. Das hilft gegen die Einseitigkeit.

(1) Gemeint sind die „Fifty Shade of Grey“

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