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Shades of Grey – geheimes Verlangen – die Rezension

Vor mir liegt ein peinliches Buch – und es ist nicht deswegen peinlich, weil es eine ungewöhnliche Beziehung beschreibt, sondern weil diese Beziehung über alle Maßen unglaubwürdig beschrieben wurde.

„Shades of Grey – Geheimes Verlangen“. Der Weltbestseller, das Ereignis des Jahrzehnts, ein Buch, für das alle Propaganda machen, ob sie es nun lieben oder hassen. Ein Buch, in dem nichts Neues und schon gar nichts Ungewöhnliches steht. Ein Machwerk, das weder unter die Haut geht noch ins Hirn eindringt. Ein langatmiges, bisweilen langweiliges Buch.

Sicher – es ist typische Frauenliteratur, so wir sie auch sonst massenweise konsumiert wird. Das Ungewöhnliche daran ist im Grunde nur, dass eine Standard-Liebegeschichte nicht mit Küssen und Kosen abgewickelt wird, sondern mit Begierde und Unterwerfung. Die Frau trifft den Mann, die Frau weist den Mann ab, er lässt sich nicht abweisen und sie lässt sich erneut auf ihn ein – immer in einem Strudel zwischen sexueller Begierde und schmählicher Behandlung durch den Geliebten.

Das Ganze klingt nach entsetzlichem Kitsch – und genau das ist es auch. Ein Buch, von einer Frau für Frauen geschrieben, in einem Stil, den sie schon aus anderen Romanen kennen, und dem die ansonsten dezent vermiedene Beschreibung der Penetration lediglich durch das „F-Wort“ ersetzt wird.

Man mag es gar nicht lesen, so langatmig, unglaubwürdig und oberflächlich ist es geschrieben.

Sein Blick durchbohrt mich. Ich nicke, mein Mund ist staubtrocken, und es fühlt sich an, als würde mein Herz gleich aus der Brust springen.

Das klingt, als hätte es ein altkluges Schulmädchen geschrieben, aber nicht, als ob es die Gefühle einer erwachsenen Frau widerspiegeln würde, schon gar nicht einer, die diese Momente erbend durchlebt (Seite 366). Man merkt: Die Seiten mussten irgendwie voll werden, wie es bei Liebesromanen eben ist. Wäre da nicht ständig dieser Hauch von Pornografie, der auf die Handlung aufgepfropft wird, dann wäre es eine ganz einfache Lovestory.

Die ist es aber nicht. Es ist ein Welt-Bestseller, und der alleinige Grund liegt darin, dass die Autorin wagt, einen Riesen-Liebeschinken mit frivolen Wünschen anzureichern, die in Frauen- wie Männerhirnen schlummern, aber selten freigelassen werden.

Gelesen – und bald wieder weggelegt

Das mag die Sekretärin in der Provinz erschauen lassen, das mag Feministinnen auf die üblichen Palmen bringen, und das mag hin und wieder sogar den Wunsch auslösen, es der Protagonistin gleich zu tun. Doch jenseits alle dieser Möglichkeiten steht der Satz, dass ein solches Buch, wenn es denn irgendeinen Sinn haben soll, die Gehirne beim Lesen in Aufruhr bringen muss. Was spüren die Protagonisten? Wie spüren Sie es? Kann sich diese wahnsinnige Erregung auf das Hirn der Leserin übertragen? Glaubt sie, dabei zu sein, während sie das Buch liest?

Nein – an keiner Stelle des Buches ist dies der Fall. Denn statt der hautnahen, lebendigen Schilderungen des Gefühlslebens kommen einem Schulaufsatz ähnliche Sätze daher, Worte, die nur aneinandergereiht werden, aber nichts bewirken. „Die Berührung jagt mir einen Schauer über den Rücken“. Ach ja? Wir hören, dass „sämtliche Nervenenden“ in ihrem Körper „inzwischen vibrieren“. Wie interessant, dass die Autorin ihre „Nervenenden“ inzwischen erkennt, doch die Nervenenden sprechen nicht zu uns, sondern verlieren sich in dem ewig dahinfließenden, sinnlosen und selbstgefälligen Gebrabbel der Autorin.

Das Buch ist ein Bestseller. Insofern kann man der Autorin, dem Verlag und dem Buchhandel nichts als gratulieren. Als Literatur, gar als große erotische Literatur, taugt das Werk nicht die Bohne.

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