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Wahrheiten: Alltag seit über einem Jahrhundert – Blind Dates

09.10.2009 (Liebepur exklusiv) Wahrheiten: Alltag über einem Jahrhundert – Blind Dates

Erster Teil: Mädchen, Mitgift und Männer

Jede menschliche Gesellschaftsordnung dieser Erde fühlt sich verpflichtet, ihrer Jugend die Möglichkeit zu Lebensgemeinschaften zu verschaffen. Die kulturellen Gegebenheiten, unter denen solche Gemeinschaften geschlossen werden, mögen nicht mit „unserer“ Kultur konform gehen. In diesem Punkt allerdings sollten wir die Nase in Deutschland nicht zu hoch tragen: Noch vor hundert Jahren war die „freie“ Partnerwahl für Mädchen noch die Ausnahme.

Eine Behauptung der Gesellschaftskritiker unserer Tage am Online-Dating besteht darin, dass damit die Kultur des Kennenlernens negativ verändert wird. Dies korrespondiert mit der Berichterstattung in der Presse, die das Kulturphänomen „Dating“ den zumeist überforderten und völlig unqualifizierten Redakteuren der Computer- und Wirtschaftssparten überträgt.

Doch abgesehen davon: Haben die Gesellschaftskritiker recht? Vier Blicke zurück: 100 Jahre, 75 Jahre, 50 Jahre und 25 Jahre – dazu ein Blick in die Gegenwart und einer – soweit voraussehbar – ind die nahe Zukunft.

Vor hundert Jahren: Wehe, wenn der Vater kein Geld hatte

Das gesamte 19. und frühe 18. Jahrhundert kannte ein Problem: Wie bringt man die Töchter an den Mann? Aus heutiger Sicht kann man kaum noch verstehen, warum ein bürgerliches Mädchen im 19. Jahrhundert eine riesige Mitgift in Geld brauchte, um geheiratet zu werden. Der Grund ist allerdings einfach: Die Ehefrau sollte dem Mann finanziell nicht zur Last fallen. Hatte ein Mädchen keinen reichen Vater, dann sah sie „alt aus“, und ihre Heiratschancen sanken. Die Mädchen, die nur eine geringe Mitgift hatten, wurden über Zeitungsanzeigen angeboten. Die Männer, die junge Mädchen über solche Anzeigen suchten, wollten allerdings eine möglichst hohe Mitgift. Zweit- und Drittheiraten, die wegen der hohen Kindbettsterblichkeit recht häufig vorkamen, waren praktisch nur über Empfehlungen, Ehevermittler oder Zeitungsanzeigen zu realisieren. Heute würde man sagen: durch Blind Dates, damals freilich noch vorbereitet und arrangiert von den Eltern oder dem Vormund. Häufig verlobte man sich bereist bei einem der ersten Zusammentreffen.

Vor 75 Jahren: der erste große Männermangel

Vor ungefähr 75 Jahren herrschte in Deutschland Inflation – einer der Hauptgründe, warum die Mitgift in Geld an Attraktivität verlor. Aber das war für das Bürgertum nicht die einzige Katastrophe. Vor allem waren viele Männer jedes Alters „im Krieg geblieben“. Überall fehlte es an „tüchtigen“ Männern, die die Bürgermädchen, aber auch die Handwerkerwitwen heiraten konnten. Die Mitgift in Geld wandelte sich zu einer Mitgift in Waren: Immer noch sollte der Mann nichts anschaffen müssen, was die Frau benötigt – nur wurden jetzt Waren gesammelt – die „Aussteuer“ ersetzte die Mitgift. In der Zeit des Männermangels hieß das Mittel für die Ehestiftung erneut: Empfehlungen, Eheinstitute, Zeitungsanzeigen. Das Wort „Blind Date“ gab es noch nicht, und niemand sagte, er habe sich durch eine „Heiratsanzeige“ oder einen „Heiratsvermittler“ kennengelernt – aber dem Sinne nach waren es eben Blind Dates, die damals übrigens sehr schnell zur Ehe führten – dann das war das Ziel.

Lesen Sie morgen hier weiter: Der Boom und der Niedergang der Heiratsinstitute

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