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Gentlemanlike beim Date benehmen?

Sie wissen doch sicher, was ich jetzt von einem  Gentleman erwarte, nicht wahr?

Sie wissen doch sicher, was ich jetzt von einem Gentleman erwarte, nicht wahr?

Ich höre immer wieder von „Männern, die sich bei Dates, aber auch „im Internet bei Datingfirmen nicht gerade gentlemanlike benehmen.“

Na schön. Eartha Kitt hat ja einmal gesungen „A Gentleman Needs Time“, was so viel bedeutet, dass man ihn seine Damen stets etwas nachdrücklich bitten müssen, die Hose herunterzulassen.

Benehmen wie ein Gentleman?

Aber das ist offenbar nicht gemeint, denn Lieschen Müller (und leider auch manche gebildete Frau) verstehst darunter einen Mann, egal ob Müllwerker oder Frauenarzt, der sich „benimmt wie ein Gentleman“. Das ist dann auch die offizielle deutsche, englische und denglische Version.

Vom Edelmann zur Herrentoilette -„Gentleman“

Und wie benimmt sich ein „Gentleman“? Außer der offiziellen Höflichkeitsform auf Toilettenschildern und in öffentlicher Rede („Ladies and Gentlemen) kommt der Gentleman eigentlich nicht so recht vor. Zwar sagt Longmans Lexikon noch, der Gentleman sei „ein Mann, der sich gegenüber anderen Menschen immer höflich und ehrenwert benimmt.“ Aber das Wort „gentlemanlike“ fehlt im Longmans ganz. Stattdessen wurde es im Vereinigten Königreich zu einer Höflichkeitsformel für einen Mann, den man nicht kennt, im Deutschen vergleichbar mit „dem Herrn“. „Ich glaube, der Herr an Tisch sieben wird noch nicht bedient.“ Ursprünglich war der Gentleman, ein Edelmann und Stolz der britischen Nation – und heute ist der Begriff eben zur Bezeichnung für „den Mann da drüben“ oder als vornehmtuerisches Schild für ein Männerklo geworden. Faultiere sagen und schreiben auch „Gents“.

Die deutsche Sprache verklärt den Gentleman mit „gentlemanlike“

Ach ja – im märchenhaften Deutschland ist’s anders. Dort werden Synonyme en gros für die Bezeichnung „gentlemanlike“ angeboten, zum Beispiel diese Höflichkeitsattribute: Ritterlich, zuvorkommend, nobel, großherzig, kultiviert oder einfach „höflich“.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als ob Lieschen Müller nun „nach oben“ blickt und und einen Mann von großer Statur auf hohem Ross erwartet, der gerade durch seine Ländereien reitet und Cinderella aus ihrem Dreckloch zieht. „Ritterlich, zuvorkommend, nobel, großherzig, kultiviert?“ Was denn noch? Rauf aufs Pferd und rein ins Schloss?

Dummes Füllwort aus dem Zettelkasten – gentlemanlike

Nehmen wir mal an, die Schreiberinnen solcher Sätze wie „er benahm sich nicht gerade gentlemanlike“ (Duden-Beispiel) hätten Bildung genossen – würden Sie dann den Satz dann so schreiben? Vermutlich nicht. Sie würden sagen und schreiben, wie sich der Herr benahm und was ihnen persönlich daran missfiel. Denn „er benahm sich nicht gerade gentlemanlike“ bedeutet in Wahrheit: „Er benahm sich nicht so, wie ich glaube, dass sich ein Gentleman in dieser Situation benommen hätte“.

Zur Unzeit und mit falschen Worten Sex vorschlagen

Aber auch das ist, verflixt und zugenäht, überhaupt nicht gemeint. Was diese Frauen eigentlich sagen wollen, ist in der Höflichkeitsform: „Er hat zur Unzeit und in einer Form nach meiner Bereitschaft zum Sex gefragt, die ich nicht für unangemessen hielt.“ Punkt. Mehr steht meist nicht hinter dem aufgeblasenen Konstrukt „er benahm sich nicht gerade gentlemanlike“.

Ei, ei, welch Frevel, wenn ein Mann zur Unzeit und mit falschem Zungenschlag eine Frau fragt, ob sie nun freundlicherweise mit ihm vögeln will. Doch hat das irgend etwas mit einem „Gentleman“ zu tun?

Nein, ich bin noch nicht fertig mit der Abrechnung.

Frauen benehmen sich fast nie „ladylike“ – warum auch?

Denn wenn Lieschen Müller oder Lizzy Miller erwarten, dass die Männer „gentlemanlike“ sind, müssten sie eigentlich „gentlewomanlike“ oder in neuerem Englisch „ladylike“ sein. Das bedeutet, sei solle sich „höflich und zurückhaltend verhalten, wie es früher typischerweise von einer Frau erwartet wurde.“ Also wie ihre Urgroßmütter, wenn ich mich da nicht täusche.

Peng! Erwischt, Lieschen Müller. Selbst wenn ich das ein bisschen in denglisch verwandele und mal wieder den Duden konsultiere, sagt der Begriff zwar etwas anderes, aber nicht Besseres. Nämlich, dass es sich bei einer Person die „ladylike“ ist, um eine Frau handelt, die sich bisweilen wie eine feine Dame zu benehmen weiß, eben „wie eine Lady“. Wobei der Begriff – ähnlich wie im Deutschen der Begriff der „Dame“ inzwischen auf das Niveau „leichter Mädchen“ gefallen ist, denn die „Ladies of The Night“ oder die „Ladies of Easy Virtue“ sind genau das, was Sie denken, dass sie es sind.

Ladylike sein – Blödsinn beim Date

So und nun mal Tacheles, Frauen: Wer von Ihnen hat sich bei einem Date schon mal „Ladylike“ im Sinnen von „ausgesucht höflich und zurückhaltend“ benommen? Und wenn, bitte mit welchem Ziel? Und wie lange hielt der „Lack“ der „dezenten Lady“? Und wie beurteilen Sie, falls Sie es getan haben, den Erfolg?

Ich selber habe in meinem Leben alle Arten von Frauen kennenlernt – von der Wurstverkäuferin bis zur Professorin … aber ich habe nie erwartet, dass sich eine dieser Frauen als „ladylike“ erweist. Und das war gut so. Denn „ladylike“ zu sein, ist ein Spiel – ebenso, wie „gentlemanlike“ zu sein. Und dieses Spiel hat stets ein Ende, wenn es ans „Eingemachte“ geht. Man „datet“ nicht, um sich seichten Small Talk anzuhören und auch nicht, um über Pferderennen oder Golfplätze zu sprechen. In Wahrheit treffen sich Frau und Mann, um Tacheles zu reden über das, was mit genau ihnen heute Nacht, das nächste Mal, für immer oder niemals geschehen wird. Und irgendwann, spätestens, wenn die letzten Hüllen fallen, wird auch nicht mehr erwartet, dass sich die Frau wie eine Lady oder der Mann wie ein Gentleman benimmt.

Zum Schluss: Weg mit „gentlemanlike“

Ein Satz zuletzt: Ein Mann, der sich betont „gentlemanlike“ benimmt, ist entweder langweilig oder er führt etwas im Schilde, was Sie besser nicht erleben sollten. Wenn Sie wirklich gebildet sind, sollte Ihnen schon das Wort „like“, auf Deutsch „wie“ zu denken geben.

Soweit aus Longmans zitiert – Quelle: Longman – Dictionary of Contemporary English“, Printausgabe, Essex 1995.

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