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Wie man Tinder „schön schreibt“

Warum Journalisten mal überkritisch und mal lammfromm sind, wissen wohl nur sie selbst. Einer der Gründe liegt mit Sicherheit darin, dass sie die Nachrichten, die Unternehmen verbreiten, begierig auflecken und sich dann ein paar Schnörkel aus dem Finger saugen.

Der Artikel beginnt mit etwas, das sich wie eine Information liest:

«Wie Tinders ehemaliger CMO, Justin Mateen, sagte, seien „früher einmal über 90 Prozent der Benutzer zwischen 18 und 24 gewesen. Heute haben wir andre Zahlen … (folgen die Zahlen) … und die verbleibenden 3,5 Prozent sind älter älter als 45. »

Der Journalist (1) schließt daraus, dass sogar diese 3,5 Prozent noch eine riesige Verfügungsmasse darstellen und bezeichnet sie im weiteren Text als „beinahe zwei Millionen Großmütter (!), die ihre Favoriten nach rechts oder links schieben. Oder es ginge um Einladungen zum Tanztee – wer weiß es schon.“

Die flapsige Arroganz verdeckt, dass kein Mensch weiß, wie viele angebliche „Benutzer“ tatsächlich von Tinder Gebrauch machen, und diese Zahlen sagen auch nicht aus, wie viele davon ernsthaft auf Partnersuche sind. Was bitte sind schon zwei Millionen Menschen, wenn Tinder seine angeblichen „User“ weltweit zählt? (Die Weltbevölkerung zählt über 76 Milliarden Menschen).

Und die Gründe für den Erfolg von Tinder? Der Telegraph sieht das so:

Zunächst heißt es, Tinder sie „zur rechten Zeit das richtige Produkt“ gewesen. Nachdem der Computer mobil wurde und nun „Handy“ heißt, ist das Argument nachvollziehbar – und dennoch falsch. Denn um Tinder zu nutzen, bedarf es einer guten Portion Leichtfertigkeit. Diese war zuvor sehr selten im Zusammenhang mit „Dating“ zu hören.

Dann wird behauptet, es sei der Zeitgeist – und das Argument zieht wirklich. Tinder ist eine Marke, die für Smartphone-Dating steht. Doch hinter dem Zeitgeist steht auch die Beliebigkeit – und so bleibt die Frage, wie positiv diese Entwicklung ist.

Als wichtigstes Argument sieht der „Telegraph“ aber etwas, das mich zutiefst verwundert: Tinder sei demnach „die erste Dating-App, die für Frauen geeigneter ist als für Männer. „Die Frauen haben die Kontrolle“, heißt es im Text. Und dann lesen wir, dass sie „nur Nachrichten von Männern erhalten, dies sie attraktiv finden“. Die sieht der Autor vor allem positiv im Vergleich zu anderen Online-Dating-Methoden: Dort, so wird im Artikel behauptet, würden sie „unter einem Trommelfeuer von Nachrichten ersaufen“, die sie von ungesiebten, fetten, schrägen Vögeln als Kandidaten auf normalen Dating-Seiten bekommen würden.

Ob dies eine der heute üblichen „gefühlten Wirklichkeiten“ ist? Schnodderig wird der Kardinalfehler von Schmalspur-Dating-Apps vom Telegraph auf einen Satz reduziert:

Wenn du eine Nachricht von einem fiesen Typen bekommst, dann ist es ein Fiesling, den du mal scharf gefunden hast.

Was wie unter einer Lupe klar macht, was Tinder wirklich ist: ein Spiel damit, „heiße Typen“ und „heiße Frauen“ anzumachen, bei denen Beziehungsqualitäten deutlich in den Hintergrund treten. Da hilft auch die ausgestreute PR nichts, Tinder eigene sich sehr für Dauerbeziehungen und Heiraten.

(1) Der Autor des Artikels im Telegraph ist Willard Foxton, der auch ein einschlägiges Blog führte. Es ist sozusagen das „Männeräquivalent“ zu den vielen fragwürdigen Büchern von Frauen, die sich mit Dating-Storys populär machen wollten.

Zitate aus dem „Telegraph

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