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Die neue Masche: Singleverherrlichung

Der Rettungsring für jeden, der etwas nicht hat, ist darüber zu schreiben, dass diejenigen, die es haben, eigentlich die Bösen oder jedenfalls die Deppen sind. Eine ganze Generation von linksgerichteten Journalisten und Kabarettisten versucht dies in unendlich ermüdender Form beim Thema Geld, die Misanthropen versuchen es beim Thema Lebensglück, und die Singles versuchen es jetzt bei der Partnerschaft.

Womit ich mitten im Thema wäre: Mit der Autorin Christiane Rösinger, die durch eine BILD-Kritik positiv unterstützt wurde, verherrlicht nun das Single-Dasein, indem sie sich als „Paarkritikerin“ betätigt. BILD griff dies sogleich auf und textete:

Das Pärchentum ist eine sehr anfällige, instabil, auf wackeligen Kompromissen beruhende Organisationsform, die in den meisten Fällen nur aufrechtzuerhalten werden kann, wenn einer der Partner seine Bedürfnisse unterdrückt und sich dem anderen unterordnet.

Wer so etwas schreibt, hat nicht ein einziges Gesetz des sozialen Miteinanders begriffen, vor allem nicht die Gegebenheiten der neuen Zeit. Denn nicht nur das Leben der Paare („Pärchentum“ ist eine lachhafte Verhöhnung) sondern unser aller Leben ist „instabil“. Ein wenig Mess- und Regeltechnik, wahlweise auch biologisch-technische Grundkenntnisse reichen, um dies zu wissen: Wir sehen unsere Welt an sich seitenverkehrt und auf dem Kopf, aber wir können dies zurechtrücken und damit leben – und wir stehen auf zwei Beinen relativ instabil, aber wir stabilisieren diesen Zustand mit Elan. Man kann dies ohne große Probleme auf den emotionalen und sozialen Bereich ausdehnen: Natürliche Stabilität existiert nicht, sie wird durch akzeptierte Regeln, Lernen am Beispiel, Selbstregulierung, Kommunikation und – man höre – durch Kompromisse erzielt.

Auch das „Unterordnen des Einen unter den Anderen“ ist so plakativ und dümmlich, dass man sich die Haare ausraufen könnte – aber es wäre wirklich schade um meine schönen Locken. Das gesamte Leben in Gruppen wird nicht durch die permanente Unterordnung des Einen unter den Anderen bestimmt, sondern dadurch, dass man Wege miteinander findet, wie man gemeinsam mehr erreichen kann als der Einzelne. Das bedeutet natürlich, dass sich immer wieder Menschen an andere Menschen anpassen müssen – sonst würde sich „Sand im Getriebe“ ansammeln.

Frau Rösinger hat sicherlich recht, wenn sie auf die Überbewertung der Liebe hinweist, die noch aus den romantisierenden Vorstellungen des Bürgertums herrührt – aber es ist eben auch nicht wahr, dass „außer ein paar Soziologen“ niemand daran gearbeitet hätte, dass Liebe überbewertet wird. Auch hier zeigen sich wieder die üblichen anmaßenden Behauptungen: Wer behaupten dürfte, Liebe würde über- oder unterbewertet, müsste einen Wertmaßstab für die Liebe besitzen. Den aber haben wir alle nicht.

Was bleibt? Ein paar Worte: Pärchentum, Pärchendiktatur, eine „unterentwickelte Lebensform“ der Paare – kurz: das ganze Vokabular der Ideologen. Das Buch wird sicher gut verkauft – dank BILD. Wie schön für Frau Rösinger.

Via: Liebe im Sinn

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