Schweizer Singlebörsentest: redliches Bemühen – aber mehr nicht
Der Schweizer „Beobachter“ hat sich – wie ich meine redlich – bemüht, die schweizerischen Angebote für Dating-Plattformen zu beschreiben. Doch wie auch schon bei anderen Zufallsbeobachtern der Szenerie gilt: Mühe allein reicht nicht – man muss sich schon in eine Materie vertiefen, bevor man darüber schreibt.
Richtig ist, was dort über Profile geschrieben steht: „Um aus der Masse hervorzustechen, ist es zwingend, die Selbstbeschreibung ehrlich, aber zugleich überraschend und vor allem unverwechselbar zu halten“. In der Tat verstoßen sehr viele Singles gegen diese Regel – und auch der Grund ist schnell gefunden: Wer nicht weiß, er wer ist, kann sich auch nicht selbst beschreiben – schon gar nicht humorvoll und etwas distanziert.
Andere Details sind eher trivial: Die Geschichte einer 36-jährige Züricherin, die „rund 400 Nachrichten von interessierten Männern“ bekommen hatte, klingt wie schon mal gelesen – sie hätte sich vermutlich sparen können, diese Fanpost auszusuchen und zu beantworten, wenn sie von vornherein selbst gesucht hätte.
Auch dies stimmt nicht so ganz: Die „Nadel im Hauhaufen“ ist so schwer nicht zu finden. Wer beispielsweise bei „Friendscout24.de“ Bildungsstand und Einkommen eingrenzt wird staunen, wie wenig Teilnehmer noch oben herausgucken – immer noch genug, sicher. Aber durchaus überschaubarer. Wieder gilt: Selber suchen statt Suchen lassen.
Auch die Ansicht jener Züricherin, die glaubte, unter der Flut der Emailzuschriften ersticken zu müssen, ist deswegen mehr als fragwürdig. Ihre mehreren hundert so genannten „Interessenten“ schmolzen „nach dem Chat“ auf sechs zusammen, und „mit keinem traf sie sich mehr als einmal“. Der angebliche Grund: „Sie wollten nur das Eine“. Dazu ist zu sagen, dass bei der Vorgehensweise der fiktiven Züricherin auch kaum etwas anderes hätte herauskommen können: In der Masse wühlen ist etwas anderes als mit Klasse zu suchen. Anfängerpech, Unwissenheit? Die Redaktion hätte wissen können, dass es auch anders geht. Ebenso holprig ist der Hinweise auf die „Stiftung Warentest“, deren Tester ebenfalls „ernüchtert“ waren – kein Wunder, denn sie dürften ähnlich vorgegangen sein. Gerade hat ja ein weiterer Konsumententest bewiesen, dass man unvorbereitete und kaum motivierte Tester nicht auf die Singlebörsen loslassen sollte.
Bilanz der Bilanz: Gut gewollt, schlecht gekonnt. Die Singlebörsen sind besser als ihr Ruf, und wer selbstbewusst in sie hineingeht, der hat eine besser Chance als Null Treffer aus 400 – nur darf man das Spiel dann nicht als Lotterie betreiben. Zum Schluss dann doch noch ein Lob: Die Übersicht ist nicht schlecht aufgemacht und hier zu finden.