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Die Wissenschaft von der Psyche – störrisch und beweisarm

Der menschliche Darm ist geradezu erschreckend gut erforscht. Wer darüber etwas nachlesen will, ist mit dem Buch „Darm mit Charme“ bestens bedient.

Die menschliche Psyche hingegen ist so gut wie unerforscht. Und dennoch gibt es etliche Menschen, die Bücher darüber schreiben und dem Volk dabei suggerieren, sie hätten handfeste Beweise für ihre Thesen. Was darin zu lesen ist, hat indessen mit dem zufällig gleichnamigen Begriff „Forschung“ oft nur wenig gemeinsam. Es sind Hypothesen über das Menschsein, die manchmal der Wahrheit nahe kommen und manchmal nicht. Die Erklärungsversuche sind dürftig und die Beweise bemitleidenswert schwach.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es gibt ehrenwerte Psychotherapeuten, denen der Mensch, der da vor ihnen sitzt, wichtig ist. Von ihnen soll hier gar nicht erst die Rede sein. Sie benötigen das Vertrauen der Klienten und die Klienten benötigen das Vertrauen der Therapeuten.

Die Psyche findet im Gehirn statt – doch davon will man nichts wissen

Nein, die Rede ist von diesen schrecklichen Versimplern – und dazu gehören nahezu alle Psychologen, die verallgemeinernde Theorien veröffentlichen – ob als angeblich „wissenschaftliche“ Arbeit oder als Populärliteratur.

Über die Prozesse, die in unseren Gehirnen ablaufen, wissen wir nichts Präzises, obgleich es hier Ansätze gibt, die in etwas nach dem Black-Box-Prinzip ermittelt werden. Wenn ein Reiz im Gehirn des Menschen A eine Reaktion erzeugt, und dies auch bei 999 anderen Menschen zutrifft, dann nehmen wir an, dass diese Reaktion typisch für Menschen ist. Es ist nicht der schlechteste Weg, auf diese Art zu forschen. Doch auch hier gibt es Fehler: Wenn, sagen wir einmal, 70 Prozent der Frauen behaupten, durch die Berührung der Klitoris einen Orgasmus zu bekommen, weil hier ein Phänomen vereinfacht wird, das in Wahrheit unendlich viel komplizierter ist, weil diese Theorie die Funktionen des Gehirns ausklammert. Der Orgasmus wird nämlich nicht von der Klitoris ausgelöst, sondern vom Gehirn. Und wir wissen nicht exakt, wie das Gehirn dies „macht“. Würde man das Gehirn mit einbeziehen, so müsste man gestehen, in Wahrheit gar nichts zu wissen. Es klingt aber schlauer, zu sagen, die Klitoris löse den Orgasmus aus – und wer das sagt, wird nicht einmal als Ignorantin angesehen.

Konkrete Beweise sind selten – manchmal ist es einfach der Glaube

Die Psychologie ist auf seltsame Art beweisscheu. Nehmen wie einmal C.G. Jung, dessen Grundlagen sich jeder ernsthaften wissenschaftlichen Betrachtung widersetzen. Dennoch wurde sein zweifelhaftes Werk Grundlage vieler Charakterbeurteilungen. Wir konnte das geschehen? Indem Menschen daran glauben, dass Jung mit seinen Thesen recht hatte. Belastbare Beweise dafür gibt es nicht.

Mit der Evolutionspsychologie wären wir nie aus den Höhlen herausgekommen

Auch einige der neuen angeblichen „Wissenschaften“, wie die „Genderforschung“ oder die „Evolutionspsychologie“ beruhen nicht auf Fakten, sondern auf hauchdünnen Annahmen. Ein Beispiel: Wenn es stimmen würde, dass nur die stärksten Alphamännchen die Weibchen mit den gebärfreudigsten Becken bekommen hätten, dann wären wir heute vermutlich noch auf der Stufe des Pithekanthropus. Irgendwann muss einfach einmal eine Vorfahrin erkannt haben, dass die Männer mit den Muskelmassen uns nicht weiterbringen würden. Und sich dem Typ zugewandt haben, der die nützlichen Pfeilspitzen oder die schicken Höhlenzeichnungen beherrscht.

Das Gehirn verarbeitet Nachrichten – die Psychologie ignoriert das weitgehend

Bekannt ist die völlige Abneigung der Psychologie gegenüber der Nachrichtenverarbeitung. Das Gehirn allerdings ist ein Meister in der Wahrnehmung, Verarbeitung und Verwertung von Nachrichten. Doch das wird geflissentlich ignoriert – da müsste man ja tatsächlich einmal an Tatsachen heran. Als es einmal jemand getan hat, nämlich Paul Watzlawick, wurde Zeter und Mordio geschrien – bevor man seien Theorie als Standard übernahm. Die Nachrichtenverarbeitung in der simpelsten Form wäre auch heute noch ein Füllhorn für Psychologen, Psychotherapeuten und Psychiater. Wer einen Analog-Digitalumsetzer auch nur im Ansatz erklären kann, wird bald mehr über den Hintergrund von Selbsterkenntnis, Selbstmodifizierung und Problemlösungen wissen als jeder, der sich mit Sigmund Freud beschäftigt hat. Wer es etwas einfacher braucht: Die Psyche gewinnt in der Regel dadurch, dass sie sich neu organisiert – ob nun durch Sport, Lernen, Pubertät, soziale Änderungen oder Psychotherapie.

Die Psyche lässt sich organisieren

Und was hat die Nachrichtenverarbeitung damit zu tun? Nun sie ist die Schnellmethode, um sich selbst effizient zu modifizieren. Sprechen ist Analog-Digitalumsetzung. Kommunikation ist zusätzlich Digital-Analogumsetzung. Damit lässt sich unglaublich viel erreichen, weil an den Schnittstellen Erkenntnisse entstehen, die aus dem Wortlaut nicht hervorgehen. Jeder Therapeut, der den Regeln von Carl Rogers folgt, handelt so – auch wenn er nie von Analog-Digitalumsetzung gehört hat.

Dieses Thema ließe sich endlos abwandeln und erweitern. Nehmen wir am besten einfach zur Kenntnis, dass analoges Denken zunächst zu gar nichts führt. Im analogen Bereich können wir zwar ein wenig kommunizieren – aber das können die übrigen Säugetiere viel wirkungsvoller. Für Menschen hingegen gilt: Erst die Schnittstelle zum Sprechen und Schreiben, also zum digitalen Denken, kann zu Erkenntnissen führen.

Ich schreibe oft darüber – und zwar in der Formel „etwas in einem anderen Licht sehen“. Das ist zwar aus dem Volksmund angegriffen, bedeutet aber im Grunde das gleiche – im anderen Licht, aus einem anderen Blickwinkel oder in einer anderen Denkmethode löst sich manches Problem fast wie von selbst. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, hilft es der Psyche doch, sich einer Lösung zu nähern.

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