Dating ist ein Markt – aber man kann dort nichts kaufen
Seit es Online-Dating gibt, sind einzelne Menschen der Überzeugung, dass hier ein Markt wäre, auf dem es etwas zu kaufen gäbe. Der Film „Shoppen“, der ja von den Cineasten einhellig gefeiert wurde, hat dieses Fehlurteil noch bestärkt. Die angebliche „Komödie“ hat in Wahrheit einem Kulturpessimismus in die Hände gespielt, und sie hat den Partnersuchenden geschadet. Mit der Kritikern eigenen Häme wurden die Protagonisten einstmals als „Entscheidungsschwächlinge, Quasselstrippen, Emanzipisten, Machos, Turboökos, Gesundheitsfetischisten, Zwangskarrieristen, Ansprüchlinge und Heulseusen“ bezeichnet – also alles Verwerfliche, was der Menschenzoo so hergibt. Aus dem hochherrschaftlichen Mund der Kulturschaffenden wie auch der Kulturkritik nimmt man Partnersuchende einfach nicht ernst. Die „Berliner Zeitung“ schrieb über die im Film dargestellten Personen so, als würde sie auf eine Gruppe Behinderter herunterblicken, die etwas Menschlichkeit verdienen:
Das Wunder, das der Film … vollbringt, ist, dass der Zuschauer mit der Zeit tatsächlich so etwas wie Sympathie für diese Wohlstandsopfer erübrigt und hier und da auch mal die Daumen drückt.
Nun – der Film ist inzwischen Schnee von gestern – der Gedanke, dass Partner im Internet eine Art Ware sind, die man sich aussuchen kann, hält sich aber hartnäckig. Es vergeht kaum ein Tag, an dem sich nicht irgendein enttäuschter Partnersuchender im Internet äußert, der sich darüber beklagt, dass nicht „genug Menschen“ zu Verfügung stünden und dass die Anbieter gefälligst dafür zu sorgen hätten, dass ihre Regale ständig mit Menschenmaterial aufgefüllt werden sollten. Dergleichen Unfug wird sogar in einem mir vorliegenden Buch gefordert.
Ich denke, es ist Zeit, dies zu sagen:
Was im Internet stattfindet, ist zwar ein Partnermarkt – aber das ist nur ein Wort. Der Partnermarkt findet nämlich auch ohne Internet und Computer auf jeder Party und sogar in der Mittagspause in der Kantine statt. Er ist einfach da – und man sich ihm als partnersuchender Single auch nicht entziehen.
Gerade deshalb sollten Sie sich klar darüber werden:
– Sie können am Partnermarkt nicht Kunde sein, denn es gibt dort keine Lieferanten.
– Auf diesem Markt sind Sie nicht einmal Käufer, denn dann machen Sie Ihr Gegenüber zur Ware – und sich selbst auch.
– Sie sind auf diesem Markt auch nicht Klient, denn niemand wird dort eine Dienstleistung für Sie erbringen.
Den Betreibern der Singlebörsen und Partneragenturen kann man sicherlich vorwerfen, diese Tatsachen nicht genügend zu würdigen – aber verantwortlich für die Sichtweise „ich hole mir da mal einen Partner“ sind im Grunde ausschließlich diejenigen, die glauben, hier in Wühlkisten und an Ständern die passenden Schnäppchen zu machen.
Sollten wir nicht damit aufhören, nach Menschen zu „shoppen“? „Partnersuche ist eine sehr, sehr ernste Sache“, sagte mir einmal ein Standesbeamter – und sie ist eine wichtige Aktivität, die unser Lebensglück beeinflusst. Wer da tatsächlich noch glaubt, einfach einen Menschen in einer Singlebörse abräumen zu können, sollte sich schämen.
Zitate aus: Berlin Online

